Über die Faszination eines Handwerks und über die Freude ein Geschenk auszupacken

Wie schon im Prolog beschrieben, begeistert mich die Art der Bearbeitung, dieser uralten Kulturtechnik (38000 Jahre), immer wieder vom Neuen. Auf der Homepage habe ich den Entstehungsprozess, beginnend mit dem Feuerquirl (Feuerbohrer) bis zur Neuzeit beschrieben. Dabei hat sich bei der gesamten Entwicklung, bis zum heutigen Tage, hinsichtlich der grundlegenden Bearbeitungsform, nicht viel verändert: Das Werkstück wird in der horizontalen Ebene eingespannt – es dreht sich zentrisch um seine Achse und der Bearbeiter fährt mit dem Werkzeug die gewünschte Kontur ab. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch in den Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel bessere Drehbänke, hochwertige Drehwerkzeuge und kontinuierliche Verbesserung der Drechseltechnik einiges getan.

Immer wieder höre ich von Gleichgesinnten folgenden Satz: „Dich hat es erwischt“ oder, „so ist es, wenn man infiziert ist“ :). Als der Virus in den letzten Jahren, immer stärker wurde und die Krankheit unheilbar war, kam immer wieder die Frage auf: „Was ist so faszinierend, erregend und fesselnd an der Bearbeitung eines einfachen Stück Holzes?“

Hierzu will ich in den nächsten Blog Einträgen näher darauf eingehen, da jeder einzelne Punkt für sich ein eigenes Thema darstellt. Im zweiten Teil der Überschrift ist zu lesen, dass es um ein Geschenk geht. Was hat das Drechseln mit einem Geschenk zu tun? Zunächst lässt sich unweigerlich festhalten, jeder von uns freut sich über ein Geschenk. Vorausgesetzt wir können irgendwas sinnvolles damit anfangen oder wir freuen uns an der Schönheit des Gegenstandes.

Dabei ist nicht selten schon eine Freude da, bevor das eigentliche Geschenk ausgepackt wurde. Diese Vor – Freude, lässt sich auch auf das Drechseln übertragen und beginnt schon beim Suchen des Holzes im Wald, auf der Streuobstwiese, in der Kleingartenanlage, im Grüngutplatz, …, als Geschenk vom Nachbarn usw.

Ist das Stück Holz nun in meinem Besitz, dann wird die Krankheit immer schlimmer :). Von nun an beginnt ein Prozess, von dem viele „Infizierte“ immer wieder sprechen. Sätze, wie zum Beispiel: „Das Holz gibt letztendlich die Form vor“ ; „Ich kann mir schon vorstellen was daraus werden soll“ oder „da überlege ich mir noch was ich daraus mache“, hört man immer wieder. Was aber sicher ist, ab jetzt wird ein Prozess in Gang gesetzt, der sich nicht ohne weiteres aufhalten lässt. Entweder das Stück Holz findet gleich den Weg auf die Drechselbank, und wird „nass“ gedrechselt, oder es macht einen Umweg über das Holzlager.

Dieser eingespannte Eichen – Rohling, lag ca. zwei Jahre in meinem Holzlager, bevor klar war, dass daraus eine Schale entstehen soll . Ist noch keine finale Entscheidung getroffen, dann wird der Werkstoff entsprechend so weit vorbereitet, damit er während der natürlichen Lufttrocknung, nicht einreißt. Beim Gang durch das Holzlager findet man immer wieder gesammelte (wertvolle) Stücke. Das endgültige Urteil, was schlussendlich aus den gehorteten Findlingen entstehen soll, kann unter Umständen, das ein oder andere Jahr dauern. Mit einer großen Planscheibe, wird das Holzstück auf die Spindel aufgeschraubt und mit der Drechselbank in Verbindung gebracht.

Das Hauptaugenmerk in diesem Beitrag, will ich dabei auf das „Geschenk“ richten. Der Spannungsmoment steigt, und es ist Zeit, die Maschine und mich selbst so weit vorzubereiten, damit die spanende Bearbeitung in Gang gesetzt werden kann. Schutzvisier aufsetzen, Gehörschutz auf angenehmen Sitz überprüfen, Schalenröhre auf Schärfe kontrollieren und die Handauflage möglichst nahe an das Werkstück stellen und durch händisches drehen auf Freilauf prüfen. Die Drehzahl auf die kleinste Stufe stellen und langsam nach oben tasten. So werden die Lager geschont und die Maschine wandert nicht durch die Werkstatt. Jetzt ist es endlich soweit…das Geschenk wird Stück für Stück ausgepackt.

Der Rücken der Röhre liegt sauber am Holz und die Späne werden gleichmäßig abgetragen. Das was Jahre lang mühevoll gewachsen ist, wird Stück für Stück „weggeschnitten“. Der Ton der Röhre gibt Rückschluss über den Schnittvorgang. Man ist im Moment gefangen und fokussiert auf die Situation. Man blendet alle Geschehnisse und Vorkommnisse des Tages aus und lässt sie Span für Span hinter die Drechselbank fliegen. Ein Zustand der Zufriedenheit stellt sich allmählich ein. In einem fast gleichen zeitlichen Turnus stelle ich die Handauflage nach, kontrolliere die konvexe Form der Schalenunterseite und bringe allmählich den aufnehmenden Zapfen an der Unterseite an. Mehrere kleine und ein großer Trocknungsriss durchzieht das Zentrum der Schale. Jetzt kommt die Frage der Sicherheit – weitermachen oder ausbessern. Auch hier ist wieder eine Gemeinsamkeit die uns dieser Naturstoff zeigt – auch wir sind nicht perfekt und haben Fehler!

Die Entscheidung ist gefallen – ich gehe das Wagnis ein und gebe der Schale eine Chance. Die Überraschung und der Reiz was im Kern des Holzes steckt, kommt nun zu Tage. Nach den letzten finalen Schnitten – nach mehreren Schleifdurchgängen und Ausbesserungsarbeiten mit schwarzem Harz, folgt nun der letzte Schritt. Durch ein Öl wird das Holz zusätzlich „angefeuert“. Die Schönheit und Ästhetik des Holzbildes, kommt dadurch noch stärker zum Vorschein. Ein faszinierender Anblick der sich mir bietet – ein Unikat das es so nicht zweimal gibt! Ein schönes Geschenk das mir da Mutter Natur gemacht hat. Immer wieder schaue ich mit „Freude und Faszination“ auf die Schale und erinnere mich zurück wie alles angefangen hat…mit der Krankheit und einem Stück Holz :).

Eine Antwort auf „Über die Faszination eines Handwerks und über die Freude ein Geschenk auszupacken“

  1. Sehr toll gestaltet u. Einen hervorragenden Text . Wünsche von Herzen grossen Erfolg für Deine weitere Tätigkeit. Bleib am Ball mit diesem schönen Hobby damit gibst Du auch an andere wertvolle Impulse.

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